Sonntag, 8. Mai 2011

Mikrokosmos Mensa der politischen Korrektheit

Die letzten Tagen fand auf der sächsischen Mailingliste der Piraten eine emotional geführte Kontroverse statt. Das Thema war die Entscheidung des Studentenwerkes Leipzig einen vegetarischen Tag einzuführen:

Die Diskussion hatte gutes Trollpotential und auch mich hat die Emotionalität mitgerissen.  Als Argumente für den Vegetariertag wurde ins Feld geführt, daß der Fleischkonsum in Deutschland doch so hoch sei, die Tiere unwürdig gehalten werden, und das alles negative Effekte für die Umwelt hat. Es wurde ins Feld geführt, daß einmal einen Tag vegetarisch, da würde doch keiner umkommen und man könne doch, wenn man unbedingt Fleisch essen wolle in eines der umliegenden Restaurants oder Schnellimbißangebote ausweichen. Ist doch kein Problem, oder? Schliesslich würde man den einen oder anderen Studenten durch den Vegetariertag vielleicht doch überzeugen können, das nächste Mal auf sein Steak zu verzichten.

Alles gut?

Mitnichten. Die Argumentation, die einem da von den Befürwortern des Vegetariertages entgegenschlägt ist Gutmenscheln vom Feinsten.

Es ist richtig, daß wir um unsere Welt auch unseren Nachkommen lebenswert zu hinterlassen nachhaltig mit unseren Ressourcen umgehen müssen. Auch die Piraten erkennen diesen Aspekt und setzen sich für eine nachhaltige Umweltpolitik ein. Nur, die Menschen kann man nicht dadurch überzeugen etwas zu tun oder zu lassen, wenn man ihnen in Form des fürsorgenden Staates jedes Denken und Handeln abnimmt.

Wenn in der Mensa ein vegetarischer Tag eingeführt wird, wird dann der fleischessende Student sich davon überzeugen lassen, sein Huhn, sein Schnitzel, seine Bullette oder Bratwurst in Zukunft sein zu lassen? Nein. Wird er nicht. Wenn man oben in die Meldung schaut, organisiert sich der Student einen Grill, Holzkohle und stellt sich mit seinen Kumpels in den Innenhof der Universität und brät 500 leckere Roster. Und nun?

Vielleicht sollten diejenigen, die einen vegetarischen Tag so stringent verteidigen mal ihre Perspektive wechseln und sich überlegen, wenn die Uni auf einmal kein vegetarisches Essen im Angebot hat, sondern 'ne klassiche
Schlachterplatte. Keine gute Aussicht, oder?

Weil auch das Argument kam, der Student, der nun partout nichts vegetarisches essen möchte, könne doch in eines der umliegenden Restaurants oder Schnellimbißangebote ausweichen, nun, was hat die Umwelt denn davon? Und was die Mensa? Und was der Student?

Fakt ist, die ganze Diskussion ist deswegen müßig, weil man mit dem vegetarischen Tag die Menschen ohne Not gängelt. Von Überzeugung kann keine Rede sein, denn am nächsten Tag, wird sich das Verhältnis der Studenten am vegetarischen Stand und am Fleischstand nicht ins Gegenteil verkehrt haben. Politische Korrektheit wird dann aber dem einen oder anderen ein wohliges Schauern vermitteln, weil "die Mensa hat ja was Gutes getan."

Und nun?

Wenn wir möchten, daß die Menschen, hier also unsere fleischessenden Studenten ihren Fleischkonsum einschränken sollen, dann müssen wir sie überzeugen. Nicht durch oberlehrerhaftes "Mit diesem Schnitzel tötest Du ein Tier und morgen ist die Welt kaputt"-Gerede, sondern durch Überzeugung durch Vorbild.

Wenn die Mensen qualitativ gut gemachtes, schmackhaftes Essen anbieten, und die Studenten aufklären, wie man sein Essen auch zu Hause so gut hinbekommt, wenn wir also schmecken, daß Chicken Nuggets nicht aus Formfleisch, sondern aus Hühnchenbrustfilets gemacht sind, wenn wir unsere Sinne erfahren, weil die Mensa-Küchen auf Convenience Produkte verzichten und ab und an das Brot zur Suppe selbst gebacken ist, dann wird auch der eine oder andere Student von sich aus, aus Überzeugung, aus Erinnerung an ein Geschmackserlebnis viel nachhaltiger mit Nahrungsmitteln umgehen, als es je ein oder mehrere Vegetariertage möglich machen könnten.

Damit ich mit gutem Beispiel vorangehe, hier noch ein Rezept für leckeren Fisch zum Grillabend: Forellenfilet (Regenbogenforelle) mit paar Ringen frisch geschnittener Zwiebel, einer Achtel Paprika, Pfeffer, Salz und Rosmarinzweig in Alufolie einwickeln und für 15 min auf Grill legen.

Was lernen wir aus der Diskussion?

Wir können nicht Menschen durch Verbote überzeugen. Verbote provozieren Unwillen, Betroffene sind nicht bereit die Argumente anzuerkennen.

Wenn wir Menschen von einer guten Sache überzeugen wollen, müssen wir dafür sorgen, daß sie sich informieren können, daß wir ihnen Vorbild sind (ohne sie zu gängeln), daß sie wissen, welche Auswirkungen und Folgen ihr jeweiliges Handeln hat, daß sie eine Wahl haben.



Im Übrigen ist dieses Beispiel des Vegetariertages eines, was den
Unterschied macht zwischen der Forderung nach einem wohlmeinendem,
fürsorglichen Staat konservativer Anschauung und dem eines liberalen
Staates, der sich als Rahmenwerk für die Organisation des
gesellschaftlichen Miteinanders anbietet.
Und genau dieser Unterschied ist es, daß ich bei den Piraten (liberal)
bin und nicht bei den Grünen (konservativ).