Montag, 26. November 2012

Nur Knöpfchen drücken reicht nicht

Vorwort


Während und auch nach dem Bundesparteitag der Piraten in Bochum poppte immer wieder die Idee der ständigen Mitgliederversammlung (SMV) auf.

Oberflächlich betrachtet ist die Versuchung groß mit Hilfe der SMV das zähe Vorankommen auf dem Bundesparteitag irgendwie zu beschleunigen und mehr inhaltliche Positionen zu erarbeiten.

Doch ein Ersatz für einen Bundesparteitag ist die SMV nicht. Denn der Bundesparteitag hat mehrere entscheidende Vorteile.

Bundesparteitag als Sozialisationsevent


Zum Bundesparteitag reisen die meisten Piraten in Gruppen an, lernen sich kennen, tauschen sich dabei aus, reden, debattieren, spinnen. Auf dem Bundesparteitag trifft man alte Bekannte, organisiert sich, findet Gleichgesinnte, ordnet Gesichtern den Namen der AGs zu, sieht sich, tauscht sich aus, leidet zusammen, und jubelt zusammen.

Bundesparteitag als Deadline


Der Bundesparteitagstermin steht in aller Regel Monate im voraus fest.  Jede AG, jeder einzelne Pirat kann sich auf dieses singuläre Ereignis vorbereiten. Man hat ein klares Zwischenziel, Anträge müssen fertig werden, Reiseplanung getätigt, das Fieber steigt mit jedem Tag. Kurzum, die verschiedenen Ströme laufen an dem Punkt zusammen.

Probleme der letzten Bundesparteitage


Es gibt IMHO drei Hauptprobleme. Ich versuche mögliche Lösungen aufzuzeigen, die *unabhängig* von einem technischen Werkzeug sind. Wir haben ein Prozeßproblem, oder auch soziales Problem, was wir nicht durch Technik erschlagen können.

Inhaltliche Vorbereitung auf Anträge

Das ist zur Zeit ein echtes Problem. Es gab zwar über 800 Anträge, aber wenn das Antragsbuch alleine 2400 Seiten hat, mag man sich da gar nicht durchquälen.

Wenn wir als Piraten also gut vorbereitet sein wollen, müssen wir an einer der folgenden Stellschrauben drehen:

  1. Anzahl der Anträge reduzieren, zB. über Qualitätskriterien oder Quoren
  2. Tagesordnung (TO) steht deutlich im Voraus fest, Einziehung einer TO-Deadline
  3. deterministischere Parteitage, TO-Änderungen unterbinden
  4. Themenbezogene Vorbereitung (zB. thematische Parteitage)

Qualität der Anträge


Die Qualität der Anträge war durchwachsen. Hier sehe ich folgende Stellschrauben, die Qualität zukünftig höher zu bekommen:

  1. formale Qualitätskriterien, wie Anzahl Antragsteller, klare Benennung, was geändert werden soll, Abstrakt, Pro- und Contraargumente usw.
  2. Einführung von Quoren, zum Beispiel Mindestzahl an Antragstellern, Unterstützern
  3. Erarbeitung im Diskussionsprozess ähnlich dem der Wissenschaft im Vorfeld

GO-Schlachten


Unsere Partei besteht aus vielen Mitgliedern, die mit Herzblut dabei sind und aus dem Hackermileu stammen. Es ist nur natürlich, daß versucht wird die Geschäftsordnung (GO) auszuhebeln. Und sei es nur, um zu zeigen, wie unheimlich schlecht so ein Bundesparteitag skaliert (Oh, ein Seitenhieb!)


  1. GO-Anträge zu TO/GO-Änderung auf fixe Zeiten setzen, zum Beispiel halbstündlich
  2. Quoren hochziehen um eine TO oder die GO zu ändern
  3. Bewußtmachung der Kosten pro Antrag, zB. durch fortlaufend auf Beamer eingeblendete Kostenuhr. Statt Zeit anzuzeigen, Redekosten anzeigen, Spiel daraus machen.

Warum Bundesparteitage keine monetäre Hürde darstellen müssen


Im Zusammenhang mit SMV höre ich immer wieder das Argument, daß Bundesparteitage für viele Mitglieder viel zu teuer sind und SMV keine Hürden hätte.

Dies sehe ich anders. Beim vorletzten Bundesparteitag sind wir zu fünft mit dem Auto von Leipzig nach Offenbach gefahren. Wir haben usn Essen mitgenommen, durften dank der guten Orga in einem Stadtteilzentrum im Warmen schlafen und hatten Spaß dabei. Alles in allem hatte jeder von uns die 2 Tage BPT für knapp 40€ hinbekommen.

Diese Erfahrung, daß man kostengünstig in Hallen, auf Couchs vor Ort ansässiger Piraten, oder in angemieteten Wohnungen in größerer Gruppe übernachten konnte, habe ich auf fast allen der vergangenen Parteitage erlebt. Selbst der Rum wurde einem immer aufgedrängelt. :)

tl;dr


Nervige Parteitage sind nervig, aber es gibt Wege, wenn man Probleme analysiert. Parteitage sind wichtig, da sie viele Funktionen erfüllen. SMV ist kein Allheilmittel.



Samstag, 17. November 2012

Ja, wo laufen sie denn?

Nach langer Zeit komm ich endlich wieder dazu einen Blogbeitrag zu veröffentlichen. Und es hat mich schon lange gewurmt und deswegen heute die Frage an Euch, liebe Sächsische Piraten:


Ja, wo laufen sie denn?


Was ist gemeint?

Schaut Euch dieses Foto an und sagt mir, wer von Euch, insbesondere von den aktuellen Kandidatenkandidaten für die Bundestagsliste, sich mit diesen Punkten auseinandergesetzt hat?




Ich erlebe es leider immer wieder (gerade in den letzten Monaten), daß Mitglieder piratige  Begriffe (er hat 'piratig' gesagt!) nicht verstehen. Im folgenden ein paar Denkanstöße:

Denk! Selbst!


Nun, wer von uns macht sich einen Kopf? Jetzt mal ganz im Ernst!

Denken ist anstrengend! Und Denken ist der schwere, der harte Weg!
Beim Selberdenken hechelt man nicht anderen Leuten hinterher.
Da hinterfragt man Positionen anderer, aber auch seine eigenen.

Und warum Denk! Selbst! zwei Ausrufezeichen hat, wird Euch jetzt klar?!

PS.: Der Slogan ist 2009 entstanden als Reaktion darauf, daß Leute unreflektiert Parteien hinterherlaufen, die Ihnen mal die Welt erklären.

Copy! Remix! Share!


Was heißt denn das? Bedeutet dieser Slogan, copy'n'paste auf Teufel komm raus um Zeugs zu übernehmen, weil es gut klingt? Damit ich mir keinen Kopf machen muß?

Nein. Copy! Remix! Share! hat seinen Ursprung in der Kultur und in der Wissenschaft. Ich kopiere und teile damit mein Wissen, meine Schätze, damit andere darauf aufbauen können. Ich kopiere und teile mein Wissen, meine Informationen, damit andere darüber diskutieren können. Ich teile mein Wissen, meinen Kenntnisstand, damit andere mit mir kommunizieren. Ich teile mein Wissen, damit wir gemeinsam weiterkommen. Damit etwas Neues entsteht.

Damit die Welt ein Stückchen besser wird!

PS.: Google mal nach "Copy Remix Share" ;) 


Freies Wissen

Was heißt denn das? Nichts anderes, als daß dieses Wissen frei zirkulieren kann. Freies Wissen ist herrschaftsfreies Wissen, Wissen, welches uns alle voranbringt. Wissen, um eine Utopie wahr werden zu lassen.

Freies Wissen bedeutet aber auch Gesicherte Erkenntnisse! Nicht unter freies Wissen fallen Gerüchte, Esoterik, Vermutungen. Auch wenn Meinungen wichtig sind, sie fallen ebenfalls nicht darunter.

PS.: Stichworte sind: OpenKnowledge, OpenAccess, OpenSource, FreieSoftware, FreieHardware, OpenData


Freie Kultur

Auch hier, wir haben uns im Laufe der Menschheitsgeschichte Kulturtechniken und Kulturwerte angeeignet, die uns als Menschen ausmachen. Diese Werte und Techniken werden von Generation zu Generation weitergegeben und bilden einen Schatz. Und dieser Schatz gerät unter die Mühlen der Kommerzialisierung verloren zu gehen.

Das hängt damit zusammen, daß wir immer schneller, immer mehr unsere Kulturtechniken aber auch Kulturwerte ins virtuelle verlagern (Videokunst, Computerspiele, elektornische Dokumente), welches an sich noch nicht problematisch wäre. Zugleich aber durch die immer stärkere Ausdehnung der Kommerzialisierung von Kultur und der einseitigen Verlagerung der Gesellschaftsverträge hin zum langfristigen, vermeintlichen Schutz der Urheber (gemeint sind in Wahrheit die kommerziellen Verwerter) einen starken Kulturverlust erleben.

Freie Kultur ist also ein Umgang mit Kulturtechniken und Kulturwerten, der bewußt der kommerziellen Verwertung dieser entgegensteht oder diese zumindest so stark einschränkt, daß nachfolgende Generationen diesen Kulturschatz heben können.

PS.: Creative Commons ist ein Stichwort was hier fällt. Es zählen hierzu aber auch freie Lehrmittel, Gutenberg Project, Archive.org, Wikipedia, ...

tl;dr

  • Denken ist anstrengend, aber notwendig. Es gibt keinen leichten Weg.
  • Kopieren ist gut, wenn man es bewußt tut. Teilen ist noch viel besser.
  • Freies Wissen bringt uns alle weiter. 
  • Und Freie Kultur heißt nachfolgenden Generationen einen Schatz zu hinterlassen!
PS.: tl;dr steht für "Für die Eiligen unter Euch zusammengefasst!"