Mittwoch, 23. Januar 2013

Die Rolle der Bibliotheken





Zum Jahreswechsel 2011/2012 hatte ich begonnen mich mit der Rolle der Bibliotheken in unserem Lande zu beschäftigen. Um es vorweg zu nehmen, ich bin kein Bibliothekar, konnte aber schon diverse Bibliotheken auch aus Innensicht kennenlernen.


Damals schrieb ich verschiedene Bibliotheken an und stellte ff. Fragen:

  • Wie definiert sich das Selbstverständnis des Bibliothekars im Zuge der Digitalisierung?
  • Welche Rolle spielen E-Books?
  • Wo sehen sie die Aufgaben der Bibliotheken jetzt und in 20 Jahren?
  • Wie bilden sich Bibliothekare fort?
  • Welche Probleme ergeben sich für sie aktuell?
  • Welche Probleme erwarten sie in der Zukunft?
  • Wie oft wird der Bestand aktualisiert?
  • Gibt es einen Aufwand für DRM und spezielle Lizenzabkommen, welcher Anteil hat dieser am Gesamtaufwand?
  • Wie gut sind Sie, ihrer Einschätzung nach, in soziale Netzwerkeeingebunden (als Person und als Bibliothek)?
  • Wie gut kennen Sie sich mit den Metaformaten für die Katalogisierungen aus (METS, Dublin Core, usw.)?
  • Tauschen Sie sich persönlich mit anderen Bibliotheken aus? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
  • Welche Struktur hat ihre Bibliothek?
Leider war die Rücklaufquote gering, aber ich erhielt ein aufschlußreiches Dokument, welches 2012 aktualisiert wurde: »Bericht zur Lage der Bibliotheken«.

Nach meinen Einschätzungen erfährt das Bild der Bibliothek einen Wandel hin zum Wegweiser und Serviceanbieter im Dschungel der verschiedenen Medien. Wie sollen Informationen auffindbar und durchsuchbar gemacht werden?

Bibliotheken bewerten Wissen und bereiten es auf. Sie werden immer mehr zu sozialen Räumen, Gruppenarbeitsplätze, Zugriff auf Datenbanken, Atmosphäre.

Um zu verstehen, ob,  und wenn ja warum, wir Bibliotheken benötigen und unter welchen Voraussetzungen Bibliotheken funktionieren, benötige ich Eure Mithilfe.

Meldet Euch bei mir einfach per Mail: bibliothekenATandreasMINUSromeykePUNKTde oder noch besser(!) schreibt euren Beitrag bei Wikiarguments: http://de.wikiarguments.net/brauchen-wir-noch-bibliotheken/

Die obenstehenden Fragen werde ich ggf. nach und nach dort ergänzen.

Nachtrag


Der oben verlinkte »Bericht zur Lage der Bibliotheken« liest sich nach meiner Auffassung, fast wie Aussagen der Piratenpartei, hier eine Auswahl:

  • "Bibliotheken sind ein unentbehrlicher Bestandteil der Bildungsinfrastruktur", 
  • "Im Zeitalter der Digitalisierung verkehren sich die Wege und die Medien kommen  zu den Lesern nach Hause"
  • "Das kulturelle Gedächtnis zerbröselt"
  • "Die Erhaltung unseres schriftlichen Kulturguts braucht dringend finanzielle Unterstützung."
  • "Auch im Hinblick auf die Digitalisierung so genannter verwaister  und „vergriffener“ Werke besteht dringender Handlungsbedarf."
  • "… schließt sich ganz ausdrücklich den Forderungen nach Sonderregelungen für die Bereiche Schule, Aus- und Weiterbildung, Studium und Forschung an."
     
Bibliotheken ermöglichen Teilhabe, sind Sozialraum, Hüter des Kulturschatzes, Bildungseinrichtung, Informationswegweiser, Gedächtnis.

Mittwoch, 9. Januar 2013

Ich lehne mich mal aus dem Fenster, liebe Leipziger

Denn so geht es mit Euch nicht weiter.
Es ist noch nicht ganz 24 Jahre her, da wart ihr stolze Bürger dieser Stadt. Ihr wart Leipzig!

Nun lauft ihr schulterzuckend durch die Gegend. Ohne Meinung, ohne Lust und ohne Leidenschaft.

Leipzig, euren Stolz habt ihr abgegeben. Die Stadt wird nicht mehr von Euch gestaltet, nur noch verwaltet.

Doch in diesem Monat, wacht auf!, habt ihr die Chance Mut zu beweisen! Weg mit Parteienfilz! Weg mit Politsprech von Wachstum, Ordnung oder Sauberkeit!

Wir brauchen eine Stadt, die liebenswert ist! Die wir atmen können, deren Reichtum unsere Kreativität ist. Eine Stadt, wo Kinderlachen ertönt! Ein Leipzig, welches strahlt!

Wir haben es in der Hand in wenigen Tagen einen neuen Oberbürgermeister zu wählen!

Ihr habt die Wahl zwischen Parteisoldaten der SPD, CDU und Grünen - oder einem unabhängigen Kandidaten, Dirk Feiertag, der sich  uns Bürgern nicht aufdrängelt, sondern mit uns gemeinsam Leipzig liebenswert machen kann.

Ich lehne mich aus dem Fenster, liebe Leipziger! Wacht auf!

Lasst diese Wahl zum Feiertag werden!

Entscheidet Euch, ob ihr weiter schulterzuckend die Tage dahinplätschern lassen oder stolz auf diese Stadt sein wollt!

Ändert, damit es euer Leipzig wird! Engagiert Euch, damit ihr stolz werdet! Lebt, damit diese Stadt lebt!

Leipziger Bürger, es ist eure Stadt und Eure Entscheidung!

Freitag, 4. Januar 2013

Manchmal muß man unfair sein

Update

Mir ist gerade die genaue Stimmenverteilung der AV Leipzig zugespielt worden.  Dabei fällt auf, daß in der ersten Gruppe im Wahlkreis 153 12 Wähler polarisierend, dh. alles oder nichts, gewählt haben. Im Wahlkreis 152 sind es gar 13 Wähler. Die Analyse unten war soweit zutreffend.

In einem folgenden Blogbeitrag stelle ich die Ergebnisse der AV Leipzig nochmal aufbereitet dar.

Vorwort

Bild cc-by-nc von sejanc

Auf dem Landesparteitag in Olbernhau am 22./23.9.12 wurde neben der geänderten Satzung auch eine Wahlordnung aufgenommen, die zusammen die Durchführung der Aufstellungsversammlungen zu Bundes- und Landtagswahlen beschreiben.

Ich beziehe mich im folgenden auf das Zustimmungswahlverfahren mit Wichtung, wie im §9 Absatz 1 der Wahlordnung beschrieben, da das Verfahren, wie die Aufstellungsversammlung für die Direktkandidaten Leipzig gezeigt hat,  einige Schwächen hat, derer man sich bewußt sein sollte.

Das Verfahren


Das Wahlverfahren ist in der Wahlordnung eigentlich schon verständlich beschrieben:


  • Hinter jedem Kandidaten gibt es die Felder Ja und Nein, wobei das Feld Ja untergliedert ist in die Felder 0 bis 6. 
  • Mit einem Kreuz in einem dieser Felder legt der Wähler fest, ob dieser Kandidat auf die Landesliste kommt oder nicht.
  • Die dabei vergebenen Wichtungspunkte entscheiden darüber, auf welchen Listenplatz der Kandidat platziert wird. 
  • Gültig sind alle abgegebenen Wahlzettel, auf denen hinter jedem Kandidaten genau ein Feld angekreuzt ist. 
  • Fehlt bei einem oder mehreren Kandidaten ein Kreuz oder sind bei einem oder mehreren Kandidaten mehr als ein Kreuz vorhanden, ist der Wahlzettel ungültig.

Ein Zettel sieht also ausgefüllt zum Beispiel so aus:

BewerberNeinJa
0123456
Musterfrau X
Mustermann X
Beispielfrau X
Beispielmann X
Eichhörnchenfrau X
Eichhörnchenmann X
Trollfrau X
Trollmann X



Für die Listenwahl Bundestag treten nach Wahlordnung mindestens 12 Bewerber an.

Der faire Wähler


Ist ein Wähler fair, verwendet er das Verfahren, wie angedacht. All diejenigen, mit denen er irgendwie leben kann, bekommen ein Ja-Kreuz. Das Zustimmungsverfahren ist ja auf Konsens ausgelegt. Und wenn viele (>50%) mit einem Kandidaten leben können, ist der Kandidat per se erst einmal gewählt.

Jetzt werden die Punkte der Ja-Felder ausgezählt. Und der mit den meisten Punkten gewinnt. Der faire Wähler verteilt die Kandidaten in aller Regel so, daß jede Punktspalte bedient wird, seine Lieblingskandidaten wird er mit 6 Punkten bedienen, die "Naja, mit Augen zudrücken"-Kandidaten bekommen 0 und alle anderen erhalten Punkte irgendwo dazwischen.

Der unfaire oder uninformierte Wähler


Ist ein Wähler nicht mit dem Verfahren der Zustimmungswahl vertraut oder seinem Naturell liegt die faire Wahl nicht, so wird er vermutlich wie folgt vorgehen: All diejenigen, die nicht seine hohe(!) Zustimmung geniessen bekommen ein Nein-Kreuz. Wenn er schon etwas länger dabei ist, wird er auch bei schwachen Kandidaten mal ein Nein weglassen.

Auf der Ja-Seite bekommen alle seine Kandidaten den vollen Punktwert von 6 Punkten. Wenn er gnädig war und es sind ein paar der schwachen Kandidaten mit drin, bekommen diese 0 Ja-Punkte.

Der unfaire oder uninformierte Wähler verwendet das Zustimmungsverfahren so, als handele es sich um ein Stichwahlverfahren. Der Gewinner bekommt alles (6 Ja-Punkte), alle anderen nichts (Nein-Stimme).

Warum unfaire und uninformierte Wähler das Wahlergebnis dominieren können


In der Annahme, daß faire Wähler das Zustimmungsverfahren so nutzen, wie oben beschrieben, so bekommt jeder Kandidat, mit dem diese leben können eine Ja-Stimme. Für die Gruppe der fairen Wähler haben im Durchschnitt fast alle Kandidaten die 50% Hürde gerissen und es entscheidet nun die Rangfolge über Kandidaten. Wenn die Kandidaten nicht polarisieren, so wird jeder Kandidat im Durchschnitt 3 bis 4  Ja-Punkte bekommen, zB., da Kandidat 1 vom einen Wähler 6, vom zweiten 3 und vom dritten 0 Punkte bekommt, aber Kandidat 2 vom ersten 3 vom zweiten 0 und vom dritten 6 Punkte bekommt.

Selbst, wenn die Kandidaten in der Gruppe der Wähler polarisieren, so müsste sich die Punkteverteilung bei einer Zustimmungswahl mit fairen Wählern einer Gaußverteilung annähern, da die Wähler ja jede Punktespalte bedienen.

MusterfrauJa
0123456
Wähler1 X
Wähler2 X
Wähler3 X
Wähler4 X
Wähler5 X
Wähler6 X
Wähler7 X
Wähler8 X
Gesamt3 1 1 1 1 0 1

Anders sieht das Ergebnis bei der Gruppe der uninformierten oder unfairen Wähler aus:


MusterfrauJa
0123456
Wähler1 X
Wähler2 X
Wähler3 X
Wähler4 X
Wähler5 X
Wähler6 X
Gesamt 1 0 0 0 0 0 5

Die Verteilung ist bipolar.

Die Gruppe der fairen Wähler hat im Beispiel der Musterfrau 3x0, 1x1, 1x2, 1x3, 1x4, 1x6 Punkte, damit im Schnitt 19/8=2,37 Punkte vergeben.

Die Gruppe der der uninformierten oder unfairen Wähler vergab im Beispiel 1x0 und 5x6 Punkte, damit im Schnitt 30/6 = 5 Punkte.

Die Gruppe der unfairen Wähler kann die Gruppe der fairen Wähler dann dominieren, wenn sie ihre Kandidaten nach "Winner takes all" Prinzip wählt.

Da die Gruppe der fairen Wähler ihre Ja-Stimmen auf alle Varianten verteilt, vergibt sie pro Kandidaten in der Regel um die 3 Punkte. Hinzu kommt noch der psychologische Effekt, daß wenn man sich entscheiden muß, man in aller Regel den mittleren Wert nimmt, was auch hier der 3-Punkt-Spalte entspricht.

Die Gruppe der unfairen und uninformierten Wähler kann die Gruppe der fairen dadurch um Faktor 2 dominieren, dh. im Klartext, wenn sich 1/3 der Wähler einig sind, unfair zu wählen, können sich die anderen Wähler noch so fair verhalten, es wird nicht ihr Kandidat gewählt werden.

Was passierte auf der AV Leipzig?


Wurde auf der AV Leipzig fair oder unfair gewählt? Das Protokoll gibt leider keine Details, aber wir können uns dennoch die Zahlen anschauen:

KandidatNeinJa AnzahlJa-SummeDurchschnitt
M. Fitzke4321635,09
S. Czich2115302,00
M. Jung1818623,44
C. Hoffmann30691,5
M. Lorenz2511242,18
T. Walter9271545,7
F. Bokor1917794,65
G. Dehn1719432,26

Die ersten 5  Kandidaten traten gemeinsam im Wahlkreis 153 an, die letzten 3 im Wahlkreis 152.

Eine Zustimmungsquote von 5,09 und 5,7 ja-Punkten ist ein Hinweis, daß eher nicht fair gewählt wurde, dies zeigt auch die hohe Zahl an Nein-Stimmen bei den konkurrierenden Kandidaten. S. Czich, G. Dehn, M. Jung, M. Lorenz und F. Bokor wurden vermutlich eher von den fairen Wählern gewählt.

Leider lassen sich ohne konkrete Verteilung der Ja-Punkte keine konkreten Aussagen treffen (vielleicht kann die jemand nachreichen?), was aber auffällt ist das starke Mißverhältnis bei den Nein-Stimmen der Kandidaten.

Update: Mir wurde die genaue Aufteilung der Ja-Stimmen zugespielt. Demnach haben im Wahlkreis 153 und 152 je 12 bzw. 13 Wähler (also ca. 1/3) polarisierend gewählt.

Wie sollte man vorgehen?


Erstens, man sollte sich der Schwächen des Wahlverfahrens bewußt sein. Zustimmungswahl mit Wichtung ist dann ein faires Verfahren, wenn jeder fair wählt. Das passiert leider nicht. Informiert die Leute, was mit ihrer Stimme passiert oder passieren kann.

Zweitens, man muß sich der Nein-Stimme bewußt sein. Nein-Stimme zu vergeben sollte auch für den fairen Wähler heißen: Ich bin mir bei dem Kandidaten nicht sicher, dann lieber nein, denn cih weiß nicht, ob ich mit diesem leben kann.

Drittens, man sollte unfair wählen, denn wir sind in einem Gefangenendilemma, wenn alle unfair, dh. polarisierend wählen, wählt jeder fair. Klar, es führt den Sinn des Wahlverfahrens ad absurdum. Aber wir haben hier keine Chance vorher auszutesten, wie hoch der Anteil der fairen Wähler ist. Und im Zweifel lieber unfair gewählt, als sich 4 oder 5 Jahre über Kandidaten ärgern, die man gar nicht haben wollte.

Viertens, das Wahlverfahren bei der nächstbesten Gelegenheit resistent gegen unfaires Wählen machen. Eine Möglichkeit wäre, daß man in jede Ja-Spalte mindestens ein Kreuz setzen muss.

Fünftes, sich die Detailergebnisse der Stimmauszählung anschauen. Nicht nur die Gesamtpunktzahl, sondern auch die Verteilung auf die Ja-Spalten pro Kandidaten anschauen und daraus lernen.