Freitag, 18. Oktober 2013

Zeit für einfache Lösungen! (war: Mittelerde Treffen, Teil 2 – Selbstbetrug)

Eigentlich wollte ich noch einen zweiten Teil zum Mittelerde Treffen schreiben. Ich verzichte jetzt darauf, weil das Problem heute nochmal in der Diskussion auf der Sachsen-ML deutlich wurde.

Nicht nur, daß wir anderen, aber vor allem uns selbst mit dem Wort "Teilhabe" einen in die Tasche lügen, Stichwort "Schloss Knauthain – zur Not tragen wir den Rollstuhl hoch". Nein, wir fangen an auch unsere Transparenzansprüche an andere bei uns selbst ad absurdum zu führen. Hier nur ein Zitat, welches am Rande von Mittelerde fiel: "Wir laden niemanden aus, wir laden nur nicht alle ein".

Ein weiteres Beispiel dafür, wie wir unsere Werte mal eben opfern sieht man daran, wie schnell einige bei den Piraten nach der schweren Schlappe bei der Bundestagswahl nach vermeintlich einfachen und bewährten  Rezepten rufen.
Das konnte man aktuell auf der Sachsen-Mailingliste sehen, in dem ich im Thread "politischer Geschäftsführer" doch etwas getriggert wurde (gleiches passierte ebenfalls auf dem Mittelerdetreffen, wo es statt einer Aufarbeitung der Probleme im Wahlkampf am Ende auf "mehr Plakate, mehr Zentralverwaltung, mehr Geld für Postwurf" hinauslief).

Vielleicht gibt es ja da draußen den einen oder anderen, der vielleicht meine naive Auffassung teilt, dass wir jetzt alles mögliche brauchen, nur keine vermeintlich einfachen Rezepte.

Hier meine Originalmail (> Zeilen sind nicht von mir):

> der Erkenntnisse, die ich (und nicht nur ich) gewonnen habe, ist:
> Themen statt Köpfe funktioniert nicht. Themen gehen nur über Köpfer
> und deren Zahl sollte möglichst gering sein. Rhetorische Prüffrage
> zur Verdeutlichung: Wieviele Personen kennt Ihr aus den anderen
> sächsischen Parteien mit Namen und Funktion? 

Auch auf die Gefahr mich zu wiederholen. Unser Problem war nicht
"Themen statt Köpfe", sondern das es keine Koordination und keine
Strategie gegeben hat.

Ich kann den Wunsch nach "Köpfe" durchaus verstehen. Aber ich bin mir
sicher, daß ich keine Partei haben möchte, in der einzelne Leute den Kurs der
Partei setzen, nur weil ihr jetzt glaubt, ihr müsstet der Presse
Menschen mit Sendungsbewußtsein hinstellen.

Ganz ehrlich, dann hätten wir letztes Jahr auch den Netznotar auf dem
Parteitag wählen können und den Lord gleich mit dazu. Und das der
Netznotar das Wort "Transparenz", ein ureigenes Thema nicht propagiert
hätte und er nicht eine gewisse Überzeugungskraft und Medienpräsenz
gehabt hätte, könnte ihm nicht mal sein größter Kritiker vorwerfen.

Insofern, fordert ihr mal ruhig weiter "Köpfe". Das ist ein schönes,
einfaches Rezept. Schliesslich machen das ja alle anderen Parteien
auch so.

Im gleichen Atemzug installiert bitte auch das Delegiertensystem und
schmeißt noch ein paar der anstrengenden Passagen aus dem
Grundsatzprogramm über Board. Das man keine Inhalte braucht und man mit
kernigen Platitüden beim Wähler Stimmen holen kann haben uns ja auch
richtige Parteien erfolgreich vorgemacht.

Ich gehe lieber den steinigen Pfad und dann lieber mit Gleichgesinnten.

Samstag, 12. Oktober 2013

Mittelerde Treffen, Teil 1 – Review Wahlkampf

Ich war heute bei dem Treffen "Mittelerde" der Piraten. Die Veranstaltung war als Barcamp für interessierte Piraten aus Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen angekündigt und von Tina Otten und Florian A. Unterburger "organisiert".

Meine Hoffnung war, daß man dort länderübergreifend und themenorientiert zusammenarbeitet und, ganz konkret bei dieser Veranstaltung, eine Aufarbeitung des Wahlkampfes der Bundestagswahl vornimmt, die zu einer Verbesserung der Vorbereitung und Durchführung der kommenden Landtagswahl in Sachsen führen würde.

Extra für den Tag hatte ich mich vorbereitet, Stunden gegenüber meiner Familie freigeschaufelt und, optimistisch gestimmt, auf Gleichgesinnte gehofft.

Im weiteren Verlauf stellte sich heraus, daß die Veranstaltung den angekündigten Barcampcharakter nicht haben sollte und auch die Diskussion über den Zweck von Mittelerde eine ungute Wendung nahm, mehr dazu später im zweiten Teil…

Ich bin davon unabhängig auch sehr gespannt, ob und wie Ergebnisse des Treffens in Ergebnisse münden. Wie sagte heute ein anderer Teilnehmer aus Thüringen: "Das Treffen könnte man nächste Woche mit den gleichen Leuten nochmal machen und es würde genau das gleiche erzählt werden."

Möge er sich irren – die Hoffnung stirbt zuletzt. Hier mein "Protokoll":


Teil 1 – Review Wahlkampf


Die Veranstaltung fing ganz hoffnungsvoll an, weil Mark N. (Wahlkampfkoordinator Sachsen) einen kurzen Abriß lieferte, der durch Beiträge aus Anhalt und Thüringen ergänzt wurde.

Großes Thema waren zum einen die partielle Überforderung der Wahlkampfkoordinatoren, zum anderen die nicht funktionierende Kommunikation zu und von den Kandidaten, Mitgliedern und Vorständen.
Die akute Not Mitglieder zu motivieren mitzuhelfen, war ein weiterer großer Themenblock.

Anstatt jetzt genau an den Punkten anzusetzen, driftete die Diskussion in der Runde weg zu Detailfragen, die für sich genommen wichtig waren (zB. Wahlprüfsteine), die aber nicht lösbar sind, wenn die grundlegenden Probleme, die von Mark ua. ja angesprochen wurden, nicht in ihren Wurzeln analysiert werden.

Schrecklich fand ich, daß im folgenden die Diskussion zu schnellen Rezepten, wie "Wir brauchen Köpfe statt Themen", "Wir müssen Fläche eben mit Postwurf bedienen" oder "Dann müssen wir das eben so machen, wie die XY-Piraten, die haben 15 Prozent geholt" abglitt.

2009 hatten wir wenig Leute und noch weniger Geld. Aber wir hatten Leute, die höchst motiviert waren. Zur Bundestagswahl gab es aber zB. gewählte Kandidaten, die faktisch gar nicht in Erscheinung getreten sind.

Wir hätten eigentlich darüber reden müssen, wo es gelang Mitglieder zu motivieren im Wahlkampf mitzumachen und warum gelang es woanders nicht?
Wir hätten darüber reden müssen, warum waren die Wahlkampfkoordinatoren, Vorstände oder Kandidaten überfordert und wieso konnten die nicht entlastet werden? Und wo hat es geklappt?

Wir hätten darüber reden müssen, wieso die Kommunikation an mehreren Stellen hakte und wie könnte man dies zukünftig vermeiden?

Wir hätten darüber reden müssen, wie realistisch eine Materialschlacht mit Wahlplakaten zu planen und zu führen ist, wenn in Städten mit >100.000 Einwohnern nur 5-15 aktive Mitglieder gab?

Wir hätten darüber reden müssen, welche Fehler in der Themensetzung begangen wurden und warum diese passierten? Lag es an der Koordination? Wo hat es geklappt und warum?

Konnten Kandidaten irgendwo besonders gut punkten und warum? Wo gelang das nicht?

Aber genau diese Fragen sind unbequem. Wir alle hätten uns da Fehler eingestehen müssen…

Ich hätte mir gewünscht, daß wir mit Mittelerde eine Basis gelegt hätten, zukünftig diese Fehler zu erkennen, zu vermeiden und ein Signal in die anderen Verbände der Partei hätten senden können, aufzustehen, Staub abzuklopfen, sich Notizen machen, einen Schritt zurückzugehen um neue Wege zu finden.

Stattdessen sah es nach aufstehen, abschütteln, Anlauf nehmen und erneut gegen die Wand rennen aus.

Manchmal ärgert mich mein Anspruch an die Lernfähigkeit dieser Partei.