Mittwoch, 27. November 2013

Resignation oder Selbstbesinnung?

Wie schrieb @Kattascha auf Twitter:

Die Piraten sind spätestens mit der Bundestagswahl 2013 gescheitert!


Mit der Bundestagswahl 2013 erreichten die Piraten nur noch 2,2 Prozent. Die 0,2 Prozentpunkte plus zu 2009 ist vielleicht der Teilnahme des Landesverbandes Sachsen geschuldet oder auch nicht. Es ist nicht relevant.

Auf jeden Fall hat diese Bundestagswahl und das Scheitern der progressiven, liberalen Kräfte (und damit meine ich nicht nur die Piraten!) jedem Sicherheitspolitiker gezeigt:
Die Bürgerrechtler und Netzpolitiker brauchen wir nicht mehr ernst zunehmen, die sind erledigt.“
Dies sieht man am eindrucksvollsten an den ersten Ergebnissen (Alternativlink) der Verhandlungen zwischen CDU und SPD über eine Große Koalition, die allen ernstes eine Vorratsdatenspeicherung wieder einführen will.

Damit nicht genug. Trotzdem unser Land, unsere Bevölkerung bis hin zur Kanzlerin durch den amerikanischen Geheimdienst NSA und dem britischen GHCQ bis ins kleinste ausspioniert wurde, fällt CDU und SPD nichts besseres ein, davor die Augen zu verschliessen und statt Aufarbeitung der Enthüllungen Edward Snowdens voranzutreiben wieder auf Kuschelkurs mit den USA zu gehen.

Wessen Schuld ist es, daß die Piraten zur Bundestagswahl trotz NSA-Skandal und gut ausgebauten Programm gescheitert sind?

Die Hauptschuld liegt bei uns allen

Die Hauptschuld liegt bei uns allen. Ich meine nicht nur uns als Mitglieder der Piraten, die wir es nicht geschafft haben die tagtäglichen Kleinkriege im Pöstchengerangel den immer noch heren Gedanken einer aufgeklärten Gesellschaft mit freiem Zugang zu Informationen und hürdenloser Kommunikaton unterzuordnen.

Nein, ich meine explizit uns alle, die wir auch in der Rolle als Mitglieder und Nichtmitglieder der Piratenpartei versäumt haben, unsere Kräfte zu bündeln und den sich am Horizont schon seit 2006 abzeichnenden globalen Bewegungen zur sicherheitspolitischen Regulierung des Internet auf der einen und der sich globalisierenden Verwerterindustrie auf der anderen Seite entschiedener entgegenzutreten.

Diese Gesellschaft vollzieht den Wandel in die Informationsgesellschaft. Nur ist dieser Wandel geprägt von dem Gedanken der Kontrolle. Tiefes Mißtrauen gegenüber dem Volk, welches sich über das Internet informiert, vernetzt, abspricht, kommuniziert, emanzipiert. Tiefgreifende Gelüste Informationen zu privatisieren und Informationsvorsprünge in Geld zu wandeln.

Der Traum von der Informationsgesellschaft

Die Informationsgesellschaft hätte auch bedeuten können: Zuzuhören, Nischen finden, Vielfalt erleben, Sich besser verstehen, Neues schaffen, Kreativität erleben. Eine bessere Welt bauen, für alle!

Stattdessen haben sich CCC, digitale Gesellschaft (auch: https://digitalegesellschaft.de), Blogger (zB. Fefe) Künstler, Autoren, Journalisten und Netzpolitiker nicht nur voneinander separiert, sondern lehnen selbst bei aktuellen Themenfeldern ein gemeinsames Vorgehen ab. Sei es bei der FreiheitStattAngst Demo bei der man die Parteien am liebsten nicht dabei haben wollte, seien es die stetigen Äußerungen des CCC, daß man ja "unparteiisch" sei oder sei es die Unfähigkeit der Piraten selbst, sich auch in den NGOs zu engagieren.

Letztens hat ein guter Freund gesagt: „Die Grünen hatten es geschafft, die  verschiedenen ökologischen Bewegungen unter einer Flagge zu vereinen und damit der Ökologie eine Stimme zu geben.

Gibt es diese Stimme zur Netzpolitik? Zu Freiheits- und Bürgerrechten? Zur Informationsgesellschaft?

Die aktuellen politischen Entwicklungen sind eine Dystopie Richtung Überwachungsstaat.

Die Piraten haben es bisher verkackt, einen Gegenentwurf zu liefern (genauer: dafür zu begeistern!), der die Menschen aus ihrer Furcht befreit.
Und der progressive, liberale Gesellschaftskern hat es versäumt, die ohne Frage bei den Piraten vorhanden Impulse aufzugreifen und dem Sicherheitsgedanken der Konservativen ein entschiedenes „Nicht so!“ entgegenzusetzen.

Wäre schön, wenn wir jetzt alle aufwachen… Denn der Traum ist gerade ein Alptraum.

Donnerstag, 21. November 2013

Und ewig grüßt… Bezahlung der Vorstände

Vorwort

Eigentlich wollte ich in diesem Blog weniger über Interna der Piraten schreiben, sondern mehr darüber, was sich in der Gesellschaft ändern sollte. Nur, die Piratenpartei ist ein Mikrokosmos, in dem man viele Probleme der großen Politik, unter "Laborbedingungen" beobachten kann.

Wir müssen Vorstände bezahlen! – Warum?

Aktuell geistert wieder einmal das Mem "Wir müssen die Vorstände bezahlen" durch die Medien. Ich frage mich immer wo und durch wen das immer kurz vor den Parteitagen gepusht wird, aber das wäre einen eigenen Beitrag wert.

Schaut man sich die Begründungen an, die für eine Bezahlung der Vorstände ins Feld geführt werden, heißt es:
  • "Der Bundesvorstand arbeitet soviel, daß ist nicht im Ehrenamt leistbar."
  • "Wir müssen uns professionalisieren, die Medien erwarten, daß man einen Vorstand auch tagsüber ansprechen kann."
  • "Vorstände müssen umherreisen, und müssen in Vorkasse gehen"
  • "Ein BuVo leistet etwas, dafür sollten wir ihn bezahlen, sonst brennt er aus."
  • "Es soll sich zukünftig nicht nur die Zeit- und Geldelite im Vorstand tummeln"
  • "Bundesvorstände sollen sich mit voller Kraft einsetzen"
  • "Lieber der BuVo erarbeitet seinen Lebensunterhalt für uns in Vollzeit als für Dritte"
Die Begründungen sind nur auf den ersten Blick stichhaltig. Doch dazu später mehr.

Was bzw. wie sollte  Vorstandsarbeit sein?

Um beurteilen zu können, ob und wie angemessen eine Bezahlung von Vorständen wäre, sollten wir vielleicht zuerst definieren, was die Arbeit eines Vorstandes sein sollte und was nicht. Da ich selber Erfahrung in einem Vorstand gesammelt habe, traue ich mir zu eine fundierte Meinung zu haben. :)

Wenn wir die Aufgabendefinition des Vorstandes aus dem Parteiengesetz hernehmen, so steht in §11, Absatz 3 folgendes:

Der Vorstand leitet den Gebietsverband und führt dessen Geschäfte nach Gesetz und Satzung sowie den Beschlüssen der ihm übergeordneten Organe. Er vertritt den Gebietsverband gemäß §26 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit nicht die Satzung eine abweichende Regelung trifft.

Der Verweis auf das BGB sagt nur, daß der Vorstand den Gebietsverband "gerichtlich und außergerichtlich" vertritt, sprich: er darf Rechtsgeschäfte abschliessen.

In §9a der Satzung steht noch, daß er die Bundesgeschäftstelle beaufsichtigt und die Partei auch politisch  gemäß Beschlüssen der übergeordneten Organe (Bundesparteitage) vertritt.

Ein Vorstand
  • schliesst Rechtsgeschäfte ab
  • beaufsichtigt
  • entscheidet
  • vertritt die Partei
Und da dort nichts steht von "ein Bundesvorstand muß Briefe eintüten, Mitgliedern hinterherrennen, das Netz für den Parteitag aufbauen, eine Webseite programmieren und Pressemitteilungen schreiben", könnte man das vielleicht auch zusammenfassen zu:

Ein Vorstand delegiert Aufgaben, kontrolliert deren Erledigung, kommuniziert nach Innen und Außen und vertritt die Partei.

Drum prüfe, wer sich…

Warum habe ich das jetzt so aufgedröselt? Weil jedes einzelne Mitglied die Kandidaten (und diese sich selbst auch)  auf deren Eignung für diese Aufgabenanforderungen an den Vorstandsjob prüfen sollte.

  • Wenn ein Kandidat nicht in der Lage ist zu delegieren, ist er ungeeignet. Wenn ein Kandidat nicht in der Lage ist zu kontrollieren (und dann konsequent zu handeln), ist er ungeeignet.
  • Wenn ein Kandidat nicht kommunizieren kann, ist er ungeeignet.
  • Wenn ein Kandidat die Partei nicht vertreten kann, ist er…, richtig, ungeeignet.

Nun habe ich hier ein Idealbild gezeichnet. In der Regel weiß kaum ein Kandidat, was in einem Vorstand auf einen zu kommt. Und jeder Kandidat sollte das Recht haben Fehler zu machen (und die Pflicht haben, daraus zu lernen!). Und da unsere Partei alles andere als perfekt ist, kommt man als gewählter Vorstand nicht umhin, mehr zu tun, als was ich oben beschrieben habe.

Wenn ich mich an meine Zeit im Vorstand erinnere, waren rund 70-80% meiner Zeit für bürokratischen Kram draufgegangen: Terminplanung, Vor- und Nachbereitung von Sitzungen, Planungen für Treffen, Zusammenstellen von Informationen für Vorbereitung auf Pressegespräche, Schreiben von Einladungen, Korrekturen, schiedsgerichtliche Auseinandersetzungen, usw. usf.

Ich kann mir vorstellen, daß auf Bundesebene im Vorstand das Verhältnis grob dasselbe ist. Der Reiseanteil und der Kommunikationsbedarf wird höher sein und ein BuVor-Job daher auch arbeitsaufwendiger als ein LVor-Job, alleine, weil mehr Leute etwas von einem wollen.

Aber hülfe denn eine Bezahlung von Vorständen hierbei? Auf den ersten Blick ja. Doch eine echte Entlastung wäre es, wenn man Vorstände mit einer bezahlten Assistenz oder einem Sekretariat unter die Arme greifen würde, welches das geschilderte Drumherum abnimmt, sprich. Dossiers zusammenstellen, Termine planen, Reise buchen, Sitzungen vor- und nachbereiten, …

Dann würden auch die Bundesvorstände tatsächlich entlastet werden und sie könnten sich auf ihre obengenannten Kernaufgaben konzentrieren.

Warum viele Gründe auf zweitem Blick nicht valide sind

Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit oben erwähnte Gründe für eine Bezahlung der Vorstände im Detail zu betrachten.
  • "Der Bundesvorstand arbeitet soviel, daß ist nicht im Ehrenamt leistbar."
Ich denke, dies ist im Moment so viel Arbeit, weil ein Bundesvorstand bisher weitere Aufgaben übernehmen mußte, um seine Kernaufgaben erfüllen zu können.
Wenn wir eine Assistenz hätten, würde der Bundesvorstand die Arbeit im Ehrenamt leisten können.
Das ist allein schon deswegen anstrebenswert, weil man dann Kandidaten für das Amt gezielter für ihr Eignung bezüglich der Kernaufgaben auswählen kann und Nebenqualifikationen nicht mehr so stark berücksichtigt werden müssen.
  • "Wir müssen uns professionalisieren, die Medien erwarten, daß man einen Vorstand auch tagsüber ansprechen kann."
In meinen Augen ist das ein Totschlagargument.
Die Medien erwarten, daß wir ein umfassendes Vollprogramm haben.
Die Medien erwarten, daß wir uns auf unsere Kernthemen konzentrieren. Die Medien erwarten, daß wir eine hübsche Frau in Vorstand wählen, die Medien erwarten, daß wir keine Sandalen und Latzhosen anziehen.
Die Medien erwarten dies, erwarten das.

Mir ist egal, was die Medien erwarten.

Ich möchte, daß wir den Ansprüchen an uns selbst genügen.

Und wenn wir, wie bisher, eine gute Pressesprecherin haben, die auch gerne gut bezahlt werden darf, dann bekommt die das mit der Erwartungshaltung der Medien schon ein Stück weit in den Griff.
  • "Vorstände müssen umherreisen, und müssen in Vorkasse gehen"
Das Argument ist an sich valide. Ja, Vorstände müssen umherreisen. Wenn eine Assistenz die Buchung, Überweisung und Abrechnung übernimmt und das Vorstandsmitglied drüber schaut, ist das Problem mE. erledigt.
  • "Ein BuVo leistet etwas, dafür sollten wir ihn bezahlen, sonst brennt er aus."
Ja, ein BuVo leistet etwas. Auch viele andere in dieser Partei leisten etwas und oft sogar mehr und bis über ihre persönliche Grenze hinaus. Ob IT, BPT-Orga, Wiki-Gärtner, Programmkommissionen, Pressetruppe, … alle leisten viel und das ehrenamtlich.
Wenn man all diese Menschen motivieren möchte, dann sollte man nicht gerade beim BuVo anfangen über Bezahlung nachzudenken.

Das Thema "Ausbrennen" trifft auf alle Aktiven in dieser Partei zu. Die Aufgabe des BuVo ist es, auf diese Menschen zu achten, auf sich selbst zu achten und gegenzusteuern. Und Aufgabe von uns allen ist es, in den BuVo Leute zu wählen, die genau das können.
Nicht der BuVo brennt aus, sondern Menschen die mit Leidenschaft versuchen diese Partei voranzubringen. Sie gilt es zu schützen! Und btw., eine Bezahlung schützt nicht vor Ausbrennen, nurmal so.
  • "Es soll sich zukünftig nicht nur die Zeit- und Geldelite im Vorstand tummeln"
Sehe ich auch so. Doch Parteiarbeit (egal wo) bedeutet immer daß man ein Stück weit Freizeit opfert. Das ist in jedem Ehrenamt so. Wenn wir oben genanntes umsetzen, damit ein Bundesvorstand sich auf die Kernaufgaben konzentrieren kann, dann braucht es IMHO nicht mehr ganz so viel Zeit, wie bisher.
Was das Thema Geld betrifft, das war lange Zeit tatsächlich ein Problem, weil man zum Beispiel für Reisen erstmal in private Vorkasse gehen musste. Aber das Problem liesse sich, wie oben erläutert mit Assistenz entschärfen.

  • "Bundesvorstände sollen sich mit voller Kraft einsetzen"
Ja, was denn sonst? Jedes Parteimitglied soll sich doch bitte mit voller Kraft einsetzen!
Im Ernst, wer den Vorstandsjob gut machen will, der geht doch mit dieser Motivation ins Rennen.
Sich mit voller Kraft einzusetzen, macht jeder, der sich ehrenamtlich engagiert, sonst würde man sich lieber zu Hause mit einem Bierchen auf der Couch bequem machen.
  • "Lieber der BuVo erarbeitet seinen Lebensunterhalt für uns in Vollzeit als für Dritte"
Diese Begründung halte ich für die fatalste von allen. Sie führt nämlich, wenn man das weiterdenkt, zu einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Partei und dem "angestellten" Bundesvorstand. Wenn jemand seinen Lebensplan so umgestellt hat, daß er Vollzeit seinen Lebensunterhalt mit dem Vorstandsamt bestreitet, und jener keinen Alternativplan hat, so wird er der Partei nach dem Munde reden, um möglichst dieses Abhängigkeitsverhältnis weiterzuführen.

Wenn aber ein Vorstand nicht mehr in der Lage ist, auch gegen kurzfristige Stimmungen der Partei eigene Entscheidungen abzuwägen oder zu verteidigen, wird die Partei in Stillstand verharren, weil keiner sich mehr traut Fehler zu machen oder mal was neues auszuprobieren.

Noch ein letztes Wort zum Thema Motivation bei Ehrenamt und Bezahlung

Wer A sagt muß auch B sagen – Wer immer noch Bezahlung für Vorstände fordert, der muß sich eines bewußt sein. Psychologische Studien zeigen, daß Menschen bei ideeller Belohnung bereit sind, sich sehr viel mehr für jemanden/etwas einzusetzen, als wenn sie dafür bezahlt würden. Wenn also Vorstände bezahlt werden sollen, könnten viele, die jetzt freiwillig ihre Hilfe anbieten um Gensek, Schatzmeister oä. zu entlasten, dann ihre Arbeit einstellen. Siehe dazu auch ff. psychosoziale Studien:

Freitag, 1. November 2013

"Gebot der Moral"… eine Drohne zu bewaffnen

Nachtrag 2013-11-02

Ich bekam den Hinweis auf diesen Artikel zum Thema Drohnenpilot in der Zeit. Der hilft vielleicht sich noch etwas mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen: http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/usa-drohnen-pilot

Vorwort

In der Ausgabe der Leipziger Volkszeitung vom 1. November 2013 ist im »Magazin« Seite 1 unter der Überschrift »„Heron“ über Afghanistan« ein Artikel (ganzseitig!) zu lesen, der einem schier die Sprache verschlägt, ob der Menschenverachtung, die dort zum Ausdruck kommt.

Schon im Anrißtext des Artikels von Can Merey ist folgender Satz zu finden:

»Die Soldaten werfen die Frage auf, ob es nicht „ein Gebot der Moral“ wäre, die Drohne zu bewaffnen.«

Ich dachte, ich hätte mich verlesen oder der Anriß will mich mit gezielter Provokation zum Weiterlesen animieren. Also las ich weiter.

Wir können nicht heruntergeholt werden?

Im Artikel wird erklärt, was eine Drohne ist, wer ihre Bediener sind (ua. Oberstleutnant Ralf E.) und was ein Drohneneinsatz vom Einsatz im Aufklärungstornado  unterscheidet. Wie dieser bemerkt, macht es aus Sicht der Soldaten, was deren Gefährdung betriff, keinen Unterschied, ob sie im Tornado fliegen oder eine Drohne steuern, denn: »…weil die Aufständischen einfach nicht die Waffen haben, um uns runterzuholen.«

Wir fragen erst und schießen dann?

Im folgenden geht der Artikel auf das schlechte Image der Drohnen ein, welches vorallem der Verwendung zur gezielten Tötung von »Extremisten« durch die CIA in Pakistan zurückzuführen sei.

Besagter Oberstleutnant E. meint, das könne bei der Bundeswehr nicht passieren, denn: »…glaube nicht, daß wir eine Nation sind, die erst schießt und dann fragt

Gebot der Moral

Nun wird es spannend, nach einem kurzen Ausflug in den Skandal um den Luftschlag von Kundus 2009 unter Verantwortung von Oberst Georg Klein, wird im Artikel wiederum Oberstleutnant E. zitiert, der, wenn er am Monitor seiner Drohne einen Angriff der Bösen (Zitat: »ist ein Böser«) sieht, viel lieber eine bewaffnete Drohne hätte um einzugreifen.

Genauer bringt er die Moral ins Spiel,  Zitat: »Ist es dann nicht ein Gebot der Moral, in diesem Moment helfen zu können?«.

Den Begriff der Moral im Zusammenhang mit Kriegshandlungen zu bringen, wo Menschen gezielt verletzt und umgebracht werden, ist an sich schon ein starkes Stück.

Feine Wirkmittel

Aber es wird noch krasser, man beachte die verschleiernde, distanzierende und verharmlosende Sprache im folgenden Zitat des gleichen Offiziers:

»Bei der bewaffneten Drohne müsse es nicht darum gehen, den Gegner zu töten…« »…reden jetzt nicht von den 500- oder 200-Pfund-Bomben, sondern wirklich über sehr kleine, feine Wirkmittel, mit einer Wirkladung, vielleicht zwischen drei und fünf Kilo. Und man muss das ja nicht immer auf den Menschen werfen…«

Propaganda oder guter Artikel?


Ich bin mir auch nach mehrmaligem Lesen des Artikels absolut nicht sicher, ob ich den Artikel als Propaganda pro Drohneneinsatz oder als kritischen Artikel über die Verharmlosung des Krieges und der beginnenden inneren Distanzierung der Soldaten vom Wesen und Leid des Krieges durch den Monitor eines Drohnen-Leitstandes verstehen soll.

Meine Fragen

Für mich stellen sich folgende Fragen:
  • Macht es wirklich keinen Unterschied für den Soldaten, ob er selbst fliegt oder eine Drohne steuert?
  • Wie entwickeln sich innerliche ethische Haltungen, wenn Soldaten ihre Einsätze mehr virtuell erleben? 
  • Erleben Sie den Angriff auf ihre eigenen Leute bei der Beobachtung genauso distanziert/nah, wie wenn sie mit einer bewaffneten Drohne auf die Angreifer feuern würden?
  • Ist die Sprache, die Begriffe, wie "Gut" und "Böse" verwendet, unter Soldaten üblich?
  • Ist es eine Frage der Moral oder eine Frage der Ethik, mit der sich Soldaten, aber auch wir in der Diskussion um den Einsatz von bewaffneten Drohnen beschäftigen müssen?
  • Wer oder was entscheidet über das "Gebot der Moral"?
  • Kleine, feine Wirkmittel – Kalter Zynismus?
  • Und was sagt, »Und man muss das ja nicht immer auf den Menschen werfen…« eigentlich aus? Ab und an wäre völlig okay?
Ich bin auf eure Meinung gespannt und hoffe inständig, daß besagter Oberstleutnant die berüchtigte Ausnahme ist.

Zum Autor Can Merey

Ich bin mir nicht 100% sicher, es könnte sich aber bei dem Autor um den im ff. erwähnten handeln:

http://www.agentursimon.com/de/authors/mereyc.html