Mittwoch, 30. April 2014

BUND Podium

Da war ich gestern doch zu Gast bei der "Podiumsdiskussion" des BUND Leipzig anläßlich der Stadtratswahl in Leipzig.

Sagen wir so:  es gab ein Podium.

Auf alle Fälle hatten sich die Vertreter von FDP, SPD, Linke und Piraten gut vorbereitet. Die CDU hatte kurzfristig abgesagt (und das war wohl nicht die dümmste Idee). AfD und WVL wurden wohl nicht eingeladen oder konnten keinen Vertreter benennen. Vielleicht hat ja jemand dazu Infos.

Die Fragen wurden den Parteien im Wesentlichen im Vorfeld zugesandt. Am Ende konnten noch einige Zuschauerfragen gestellt werden, dies aber nur indirekt über eingeworfene Zettel, die aus Lostrommel gezogen wurden.
 
Interessant fand ich die belehrende Attitüde des BUND Vertreters, der am Ende jeder Fragenrunde die Positionen des BUND herunterdozierte.

Wo insgesamt die Diskussion war? Keine Ahnung.

Der BUND will die Videomitschnitte der Veranstaltung unter http://www.bund-leipzig.de/themen_und_projekte/politik/kommunalwahlen_2014/ veröffentlichen. Dann kann sich jeder selbst überzeugen, ob der BUND unabhängig agiert oder doch nur Claqueur der Partei "Die Grünen" ist.

Vielleicht kann mir ja jemand erklären, warum die schwache inhaltliche und rhetorische Leistung des Norman Volger durch das Publikum mit Beifall bedacht wurde?

Nun denn, mein persönliches Highlight des Abends war die Frage einiger Ökoesoteriker, die aus "persönlicher Betroffenheit" um "Position der Fraktion zu einer Positivliste für Ausweisung Mobilfunkstandorte" baten. Hätte ich dies gewußt, hätte ich Anleitungen für Aluhüte verteilt.

Alles in allem ein sehr erhellender Abend. Und bei allem Verständnis für das berechtigte Anliegen Natur und Umwelt stärker schützen zu wollen, der BUND sollte sich vielleicht auf eine neutralere Rolle festlegen – denn ernstnehmen sollen und wollen wir ihn ja.

Montag, 28. April 2014

Diese Damen und Herren werden Ihnen…

Ich war am Samstag im Theater der jungen Welt zur Podiumsdiskussion »Der Fall der Theaterwissenschaft. Geisteswissenschaften zwischen Ökonomisierung und kritischem Korrektiv«.

Für diejenigen, die nicht wissen, worum es geht: Das Rektorat der Universität Leipzig sah sich gezwungen im Zuge der Stellenkürzungsvorgaben des SMWK das komplette Institut der Theaterwissenschaft zu schliessen.

Leider kam ich einige Minuten später als geplant an, hatte ich doch die Zahl der Baustellen unterschätzt.

Am Anfang wurde ein Film gezeigt, anschliessend wurden aus dem Publikum Statements von Alumnis und Freunden der Leipziger Theaterwissenschaft aus aller Welt verlesen, die sich entsetzt über die geplante Schliessung äußerten.

Als sich dann das Podium füllte – anwesend waren von links nach rechts: Christin Melcher (Grüne, Student), Dr. Skadi Jennicke (Linke, Stadtrat), Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider (Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig, Professor für Philosophie an der Universität Leipzig), Holger Mann (SPD, Landtagsabgeordneter), Prof. Dr. Günther Schneider (CDU, Landtagsabgeordneter) und Reik Hesselbarth (FDP, Stadtrat) – führte Prof. Schneider in das Podium ein und sagte die weisen Worte:

»Liebes Publikum, diese Damen und Herren werden Ihnen hier nicht helfen können!«

Damit könnte man eigentlich den Blogbeitrag wieder beenden, denn der Erkenntnisgewinn hat sich genau in diesem Satz erschöpft.

Gedankenfetzen

Im folgenden nenne ich nur in Kurzform einige Punkte, die ich mir so als "Gedankenfetzen" notiert hatte:

Prof. Schneider (CDU): 2015 soll Evaluierung der Ausstattung der Hochschulen erfolgen… …Leider hat Rektorat die Schliessung Pharmazie und Theaterwissenschaften beschlossen. …Vermisse angemessene Kommunikation… Entscheidung ohne Moderation durch Politik, sondern schwarzes Peterspiel betrieben… …Entscheidung des Rektorats nicht nachvollziehbar

Moderator: Warum kommt Evaluation nach Kürzung? Warum können Abgeordnete nicht umsteuern, wenn die Faktenbasis nun doch eine andere ist [bezog sich auf Studentenzahlen]?

Prof. Schneider (CDU): Ein Kürzungsdiktat gibt es nicht. Evaluation 2015 notwendig, da Prozeß nicht von einer Uni zu führen, sondern nur zusammen in einem offenen Prozeß mit allen Unis und der Staatsregierung…

Mann (SPD): Landtag hat Recht über Haushalt zu entscheiden.

[…]

Moderator: Stelle fest, daß wir die Diskussion über Entscheidung des Rektorats auch innerhalb der Uni diskutieren müssen… Geisteswissenschaft sind [ökonomisch gesehen] besonders billig, man braucht keine teuren Apparaturen, nur einen guten Dozent…

Prof.  Schneider (CDU): Es trifft nicht zu, daß das Hochschulfreiheitsgesetz ein Spardiktat enthält. Abreden über Finanzflüsse finden im Konsens statt [meint Vereinbarung zw. Rektorat und SMWK].

Mann (SPD) [Verweist auf Bericht des Landesrechnungshofes zu Stellenabbauwahn]

Hesselbarth (FDP): Stellenstreichung bis 2020 ist falsch. Aber man muß sich Zusammensetzung Studenten anschauen, ob diese aus Sachsen oder außerhalb kommen [Führt zu Mißverständnissen, klärt das später auf. Wollte darauf hinweisen, daß der Freistaat Sachsen mehrere Aufgaben hat, die er in erster Linie für die Sachsen selbst erbringen muss. Hochschulfinanzierung ist nur eine dieser Aufgaben, so Hesselbarth später.]

Prof. Schneider (CDU): Hochschulrat ist strategisches Element, steht Rektorat beratend zur Seite.… [Auf Nachfrage Publikum, wo er streichen würde, da er vorher den Wegfall des Instituts bedauerte] Ohne wirtschaftlichen Plan des Rektorats, keine konkrete Aussage über Kürzung von bestehenden Fächern.… Rektorat hat seit über 3 Jahren diesen nicht vorgelegt.

Mann (SPD): Stadt hat Wissenschaftsplanung vorgelegt. Was fehlt ist eine qualifizierte Fachkräftestudie (wie in Thüringen).

Prof. Schneider (CDU): Wissen Sie welchen Platz TU Dresden im Shanghei Ranking hat?

Mann (SPD): Ist mir egal.

Prof. Schneider (CDU): 241. Wir brauchen mehr Qualität statt Quantität an den Hochschulen. Wir brauchen daher Mitwirkung des Bundes.

[Student aus Publikum erklärt, daß die Top3 der Unis im Shanghei-Ranking alleine Fläche einer Großstadt wie Leipzig einnehmen. Und das der Vorteil von Uni Leipzig doch auch das Umfeld einschliesst.]

[Publikum: Theaterwissenschaften bedingen auch Kultur ringsum – es ist eine Symbiose zwischen Stadt und Uni.]

[Professorin aus Publikum] Es findet eine Entsolidarisierung zw. Proffessoren und Studenten statt. An anderen Stellen ist man froh, daß es nicht sie getroffen hat. Doch ist dies Teile- und-Herrsche. … Lehre und Forschung sollen verbunden bleibven [das Hochschulgesetz erlaubt reine Lehr-Unis]. Nehme maximal 12 Studenten auf, da ich nur soviel intensiv betreuen kann. … Wie mißt man Qualität von Geisteswissenschaften? … Konservativen ist doch soviel an Werten gelegen, wieso wollen sie Werte zerstören?

Randbemerkungen


Aus Fachschaftsrat Theaterwissenschaft wurde berichtet, daß Rektorin Schückert eingeräumt habe, massiv vom SMWK unter Druck gesetzt worden zu sein. Zitat: "Wenn sie nicht unterschreiben, übernimmt der Finanzminister, dann wären 2000 Stellen fällig".

Aus Publikum wurde durch Zwischenruf bekannt, daß auch die Mineralogie geschlossen werden soll.

Es gibt eine Petition für den Erhalt der Theaterwissenschaft.

Weitere Links



Freitag, 25. April 2014

Ach, Connewitzer!

Quelle: Wikipedia, CC3.0 sharealike, Martin Geisler
Der Beitrag war ursprünglich als Kommentar unter einem Artikel des Kreuzers geplant, landete aber aus Gründen hier.

Seit Wochen berichten verschiedene Medien der Stadt über die Aufregung, die der Umzug der Polizeistation in die Wiedebach-Passage in Connewitz mit sich brachte.

Ich kenne Connewitz und Umgebung nun schon seit mehr als 10 Jahren, ich habe hier studiert, meine Kinder gehen hier zur Schule, Wehwehchen lasse ich hier verarzten, mit Freunden und Bekannten bin ich hier sehr oft unterwegs.

Und all die Jahre, die Connewitz mich in meinem Leben begleitet, hör(t)e ich immer wieder die gleichen Diskussionen.

Doch was ist den Connewitzern wichtig?


Das sind auf der einen Seite die Bewohner,
  • die Connewitz wegen seiner Nähe zum Auenwald lieben, 
  • die die vielfältigen, kleinen Läden schätzen, 
  • die das große Kulturangebot nutzen, 
  • die sich hübsch eingerichtet haben, 
  • die sich aber auch über zerschmissene Schaufenster am Kreuz ärgern, 
  • die es leid sind, wenn Häuserwände beschmiert oder mit Teerbeuteln beworfen werden, 
  • die es nicht so toll finden, wenn sie durch einen Pulk von Biertrinkern laufen müssen,
  • die von freilaufenden Hunden überrascht werden,
  • die die schönen Altbauwohnungen schätzen,
  • die Familie gegründet haben.

Und auf der anderen Seite die Bewohner,
  • die Connewitz wegen seiner Toleranz schätzen,
  • die sich mit Gleichgesinnten auf ein Bierchen treffen,
  • die frei sein dürfen und dies auch ihren Hunden zeigen wollen,
  • die die billigen Wohnungen lieben,
  • die gerne Fahrrad fahren, 
  • die hier gegen den Kommerz kämpfen,
  • die die Parties lieben,
  • die ungestört ihr Ding machen wollen,
  • die gegen das System sind,
  • die Nazis hassen,
  • die ihre kreative Nische gefunden haben.
Die Bewohner wollen das gleiche (hier in Ruhe leben) und kommen doch nicht zueinander.

Das jetzt die Polizei in den Wiedebachplatz gezogen ist, finden die einen vernünftig, da es nicht sein kann, daß dort ein "rechtsfreier Raum" geduldet wird, die anderen halten dies für einen Affront, da damit ja "Connewitz kriminalisiert" würde.

Ich halte beide Aussagen für überzogen. Meiner Erfahrung nach wollen Polizisten keinen Stress, und mit dem Umzug ist es ja nicht so, daß auf einmal dort eine Kaserne entstanden wäre. Im Gegenteil. Wenn es durch die Vor-Ort-Präsenz der Polizei und durch das respektvolle Miteinander aller Beteiligten möglich wäre, gegenseitig Ressentiments abzubauen wäre dies mittelfristig ein sehr gutes Argument den Abbau der Überwachungskameras am Connewitzer Kreuz zu forcieren.