Sonntag, 29. Juni 2014

Denn Sie ist sehr gut!

Ihr kennt Sie nicht. Noch nicht. :) Ihr Humor ist speziell, Sie ist ungeheuer engagiert und braucht all Eure Hilfe. Wenn ihr Sie unterstützen mögt und euer Interesse geweckt ist, könnt ihr mehr von Ihr unter der unten angegebenen Adresse lesen.  Das Interview entstand kurz nach der Kommunalwahl in Sachsen und ist IMHO besonders interessant direkt nach dem aBPT¹ zu lesen. Achja, unsere Spitzenkandidatin zur Landtagswahl in Sachsen ist Sie wohl, erm, irgendwie auch noch. ;)

Das Interview

 
Hallo Sandra!

Danke für das kurze Interview.

Am 25. Januar war ja die Aufstellungsversammlung bei der Du als Spitzenkandidatin der Piraten für die Landtagswahl gewählt wurdest. Ab wann hattest Du realisiert, daß dies tatsächlich passiert ist?
Das wurde mir noch am selben Abend bewusst. Ich fuhr mit einigen Piraten zurück nach Chemnitz und habe gerätselt ob ich meinem Chef von dieser Wahl zur Spitzenkandidatin erzählen soll. Die Antwort kam fast im Chor "Der liest das bestimmt Montag in der Zeitung!". 
Das war der Moment wo mir langsam zu Bewusstsein kam was jetzt auf mich zu kommt.
Die lieb gemeinten Ratschläge einiger anderer Piraten was von der Presse aus alles jetzt kommen kann und die Frotzeleien dass bald überall riesige Plakate von mir hängen, taten da sein übriges. 

Seit jenem Januartag ist viel Wasser die Elbe hinuntergeflossen. Die Partei ist schwerer Schieflage, etliche Mitglieder gefrustet und Wähler verlorengegangen. Wie hast Du diese letzten Monate erlebt? Was hat Dich positiv überrascht?

Schon bei meiner Rede habe ich darüber geredet, dass wir uns in dieser Partei viel zu selten mit der Aussenwelt beschäftigen und viel zu häufig mit uns selbst. Die meisten von uns sind eingetreten, weil wir die Politik verändern wollten. Leider vergisst die Bundespartei das in letzter Zeit fast chronisch. 
Jedem Gate, jedem Skandal wird hinterher gerannt. Jeder der etwas macht, wird  gnadenlos unkonstruktiver Kritik ausgesetzt bis niemand mehr etwas tun will. 
Diese Demotivation von wirklich tollen Menschen überschreitet manchmal Grenzen die mich wirklich wütend machen und die mich an der Partei zweifeln lassen. 
Entschuldigt werden die schlimmsten Ausfälle mit den Worten "Aber DIE haben doch was viel schlimmeres getan.".
Wenn wir da nicht raus kommen, werden wir nie Ruhe in die Situation bekommen. 
Doch es gab auch definitiv Lichtblicke. 
Einige kamen von direkt von Wählern die uns unterstützen. Es kamen nicht nur  Kommentare zu unserer Chaospartei, sondern ebenso viele die mir und anderen Kraft wünschten um den Einzug in den Landtag zu schaffen und dort die Politik aufzumischen.
Die sächsischen Piraten helfen ausserdem dabei, mir neue Motivation zu geben. 
Die meisten unterstützen mich tatkräftig und achten wirklich auf jede Regung um mir immer wieder zu zeigen, dass es reichlich gute Dinge bei den Piraten gibt, für die es sich immer lohnt mit voller Kraft zu kämpfen.

Letztes Wochenende waren ja die Kommunalwahlen und Wahlen zum Europäischen Parlament. Wie bewertest Du das Abschneiden der Piratenpartei?

Ich freue mich für diejenigen die den Einzug und die Stadt- bzw. Kreisräte geschafft haben. Ich freue mich natürlich auch für Julia Reda.
Ehrlicherweise bin ich dennoch enttäuscht wie wenig Wähler wir mobilisieren konnten. 
Wir haben einige Fehler der Bundestagswahl wiederholt. Wir haben teilweise versucht die Materialschlacht anderer Parteien zu toppen. Nur waren wir somit mehr damit beschäftigt Plakate aufzuhängen, Flyer zu verteilen und Infostände zu organisieren.
Uns ging sowohl der Spass an unserer Politik als auch ein Stück Zusammenhalt verloren, weil sich alle zu sehr bemühten Erwartungen gerecht zu werden. 
Das wird bei der Landtagswahl komplett anders.

Was ist Deine Meinung zu Wahlplakaten allgemein? Überflüssig? Notwendig?

Wir haben leider zur Kommunalwahl relativ spät Plakate bekommen und da wurde mir bewusst, dass wir Plakate tatsächlich hängen müssen. Ich wurde von mehr als einem Menschen auf die fehlenden Plakate hingewiesen. Zwar gehen einzelne Plakate in der Flut meist unter, aber wenn eine Partei gar keine hängt, existiert sie bei den meisten für diese Wahl gar nicht. 
Es war wirklich erschreckend wieviele fragten ob es die Piraten überhaupt in der Stadt gibt. Erst mit den ersten Plakaten kamen Fragen zu unseren Kandidaten und unserem Programm. 
Insofern, würde ich Plakate tatsächlich als notwendig bezeichnen auch wenn mir das bis zu unserer Kommunalwahl nicht klar war.

Während des Wahlkampfes warst Du sehr aktiv. Was hat Dich motiviert?

Ich war während der Unterschriftensammlung sehr aktiv. Mir war wichtig zumindest eine Chance zu haben, überhaupt Wahlkampf machen zu können. Da waren es wieder die Gespräche die halfen ein ums andere Mal direkt vor dem Rathaus zu stehen und vollkommen fremde Menschen um Ihre Unterschrift zu bitten. Bei typischen Piratenwählern stieß man doch oft auf Stirnrunzeln, dass sie all Ihre Daten handschriftlich notieren mussten und nicht sicher wussten wohin diese dann gehen. Aus reiner Sympathie und zu unserer Unterstützung, unterschrieben sie dennoch.
Während des konkreten Wahlkampfes, war ich eher Flyer verteilen. 
Hierbei muss ich 2 wirklich starke Piratinnen aus Chemnitz nennen, Piru und Kattenevare (beide Stadtratskandidatinnen) die im Alleingang Tausende von Flyern verteilten. Diese beiden haben sicher die größten Stapel in ganz Chemnitz verteilt und waren auch für Infostände immer bereit.

Auf der Straße und in Gesprächen hast Du viele Anregungen mitgenommen.
Welche Punkte sind Dir am besten in Erinnerung?

Das häufigste Kommentar war "Ich will wissen was die da machen.".
Es ist meist schwierig Menschen für Politik zu begeistern. Wenn sie dann jedoch Interesse haben und heraus finden wollen was mit Ihren Wahlstimmen passiert, ist der Zugang zu diesen Informationen teilweise erschwert. 
Entweder sind Informationen über den Aufbau und die Arbeit in Parlamenten gut versteckt auf verschiedenen Homepages oder gut auffindbar aber dafür in einer Art und Weise beschrieben, die nur schwer das Interesse aufrecht erhält. 
Es ist keine wirkliche Hilfe ein 50 seitiges Pamphlet zu bekommen, wenn man eigentlich erst einmal einsteigen will. Eine Sprache die für Insider klar ist, die für den Bürger aber ein Buch mit sieben Siegeln darstellt, zeigt auch nicht unbedingt Bürgernähe.
Ich hoffe dies im Landtag, gemeinsam mit anderen Fraktionen, anpassen zu können. 
Das ist aber nur ein Punkt. 
Transparenz bei der Vergabe von Aufträgen der Städte, der dringende Wunsch nach mehr angeboten um Jugendliche und junge Erwachsene in Sachsen zu halten und der allgemeine Verdruss als Bürger viel zu wenig mitbestimmen zu dürfen, sind ebenfalls sehr häufig thematisiert worden. 
Deswegen ist es umso verwirrender, dass die Piraten so wenig Stimmen haben. 
Denn das sind alles Punkte an denen wir ansetzen und in Zukunft auch den Landtag aufmischen wollen.
Zur Landtagswahl in Sachsen wird den konservativen und rechten Parteien
ein Stimmenzuwachs vorausgesagt. Wie erklärst Du Dir diesen Zulauf?
Fehlende Bildung im gesellschaftlichen Bereich stellt dabei ein großes Problem dar. 
Wir ignorieren im Bildungsbereich nahezu alle Faktoren die zu mehr Toleranz führen. 
Wir haben EU Büros in ganz Sachsen die vollkommen unterbesetzt sind, obwohl gerade die in der Lage wären für Austausch im Jugendbereich zu sorgen. Gerade diese haben Mittel um Themen wie Europa und Migration zwischen europäischen Ländern zu thematisieren. 
Die teilweise antiken Schulbücher sind auch ein Problem. Wie soll ich einem Menschen erklären, dass Migration und zum Beispiel auch Regenbogenfamilien etwas absolut normales sind, wenn in Schulbüchern immer nur Klaus und Karla mit Ihren Eltern Mathe-/Englisch oder Deutschaufgaben lösen. Es sind kleine Dinge die durch Ihre Selbstverständlichkeit zu mehr Aufklärung und Verständnis führen könnten. 
Auch an diesem Punkt spielt das Unwissen über politische Prozesse eine Rolle. Es ist leicht etwas abzulehnen dessen Sinn man nicht erkennt und das in Medien, zum Beispiel durch die Finanzkrise, monatelang in negativen Licht dargestellt wird. 
Dabei  geht die Kritik nicht an die Medien, welche nur Ihre Arbeit machen, sondern an die Regierung die es versäumt hat dieser Wut und der Ablehnung mit klaren Antworten begegnen. Die fehlenden Antworten konnten Parteien wie die AfD sehr gut nutzen um Ihre Antworten, die am rechten Rand verwurzelt sind, als allgemein gültige Wahrheit immer wieder in die Bevölkerung zu tragen. Ich gehe  jedoch davon aus, dass noch eine Ernüchterung gegenüber dieser Partei erfolgt. 
Die AfD agiert bereits jetzt wie alle anderen etablierten Parteien in Sachsen. Klüngeleien, Obrigkeitshörigkeit und ein "starker" Vorzeigepolitiker werden die sächsische Bürger sicher nicht für immer über die inhaltslosen und teilweise menschenverachtenden Aussagen der AfD hinweg täuschen.
Zurück zu den Piraten. Wie schätzt Du die programmatisch-inhaltliche Arbeit der Piraten Sachsen ein? Was wäre zu verbessern? Was läuft gut?
Entschuldige aber ich weiss echt nicht, was das mit der Wahl zu tun hat und würde das mal zurück stellen. Da brauchts mehr Platz.^^
Wenn Du wählen müsstest, Enterprise oder Magnetschwebebahn?
Enterprise!
Ich sehe im Bau einer Enterprise wesentlich mehr Potential für die Forschung in Sachsen und weitergehende Entwicklungen als im Bau einer Magnetschwebebahn.
Bei realistischer Betrachtung dürften die Piraten die 5% Hürde zur Landtagswahl mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht reißen. Weshalb sollten die sächsischen Wähler Dich trotzdem unterstützen? 

Ich würde es nicht realistisch nennen, sondern "nach jetziger" Sicht. 
Wir haben noch 3 Monate vor uns und einfach mal absolut nichts zu verlieren. 
Wir sind in derselben Lage wie 2009 die Berliner Piraten. 
Wir können uns erlauben auch verrückte Dinge zu tun und unsere Kreativität, die definitiv vorhanden ist, voll ausleben. Ich bin ziemlich gespannt mit was für Ideen die sächsischen Piraten aufwarten werden. 
Ich erhoffe mir vor allem, dass wir endlich wieder Spass auch im Wahlkampf haben und ihn nicht mehr als blose Pflichtübung sehen. So eine Sicht wird von den Wählern durchaus bemerkt und würde mich als Wähler auch abschrecken. 
Aus diesem Grund ist meine Devise derzeit:
Ich darf Spass haben am Wahlkampf und an der Politik und werde trotzdem ernsthaft für  unsere Themen kämpfen. 

Welche Unterstützung wünschst Du Dir von den Mitgliedern der Piratenpartei für die nächsten Monate?

Ich hoffe es werden mehr Piraten aktiv als zur Kommunalwahl. Selbst wenn es nur an einem Tag ist wo 20-30 Plakate gehängt werden, oder ein Veranstaltung wo eine Piratenfahne mitgenommen wird, all das wird eine Hilfe sein. 
Wenn jemand eine verrückte Idee hat, bitte ich denjenigen sich selbst Hilfe zu suchen und einfach zu #machen anstatt dies von anderen zu verlangen. 
Wir müssen damit aufhören alles bei vermeintlich Zuständigen abzuladen, wie dem LaVor und den Wahlkoordinatoren und anfangen mehr zu #machen. 
Gerade wenn wir kreativ sind, kann das den meisten Spass bringen. 
Ich würde mich freuen die Piraten in Sachsen im Wahlkampf von ihrer verrückten Seite zu sehen. Wir werden in Sachsen dringend gebraucht und wir sind toll! 
Also müssen wir das auch endlich zeigen. 
Ich danke für Deine offenen Worte und wünsche Dir viel Erfolg.

Wo ihr Sandra findet


Meistens versteckt sich Sandra hinter Arbeit. :) Im Ernst,  mehr über Sandra findet ihr unter http://sandrawiller.de/blog/, via Twitter unter @SandraWillerLTW  und der Geheimtip ist natürlich, ach!, das bekommt ihr selber raus :D

Wenn ihr helfen wollt, meldet Euch bei ihr oder mir. Wir freuen uns.

¹ aBPT - außerordentlicher Parteitag

Donnerstag, 26. Juni 2014

Erst machten sie mein Internet kaputt…

TL;DR

2006 bei #Piraten eingetreten, weil potentielle Überwachungsgefahr. In 2014 reale Überwachungsgefahr und #Piraten sind kaputt. Und nun?

Dieser Blogbeitrag wird sich nicht mit den Interna der Piratenpartei beschäftigen. Sondern, was der Verlust für Konsequenzen haben kann. Er ist Fragment und stellt Fragen. Vielleicht regt er auch an.
Quelle: Twitter Nutzer: DatKuddel

Die Rolle der Piratenpartei


In den ganzen Diskussionen innerhalb und außerhalb der Piratenpartei wurden tausende Problemfelder ausfindig gemacht, die für das Scheitern der Piraten Ursache sein sollten. Und abertausende mehr, worum sich die Piraten doch bitte kümmern sollten, wenn sie nicht in den Abgrund fallen wollen.

Die Piraten sollen
  • sich gegen Nazis positionieren,
  • sich für Teilhabe einsetzen
  • die Basisdemokratie leben
  • progressiv sein
  • Transparenz in Politik bringen
  • gendergerechte Sprache schreiben
  • sich für Homosexuelle einsetzen
  • Fracking verhindern
  • grüne Dächer fördern
  • Stadtbäder erhalten
  • sich für Fußballfans und deren Pyrotechnik einsetzen
  • Drogen legalisieren
  • Spaß in die Politik bringen
  • ein Vollprogramm haben
  • knackig Politik vermitteln
  • das Bedingungslose Grundeinkommen fordern
  • Liquid Democracy erforschen
  • sich in flachen Hierarchien organisieren
  • Gentechnik ablehnen
  • liberal sein
  • nicht grün sein
  • ehrliche Politik machen
  • sich für Asylsuchende einsetzen
  • gegen Überwachung engagieren

Doch all diese Punkte treffen nicht das Wesentliche. Sie sind Nebenbaustellen. Jepp, richtig gelesen, all diese Punkte gehen an der zentralen Frage vorbei, warum es die Piraten gegeben hat, warum man anfangs solch eine Angst vor uns Piraten hatte.

Die Probleme dieser Zeit sind nicht Nazis, sind nicht Finanzkrise, sind nicht "ungehörte" Bürger.

Die wirkliche Frage dieser Tage lautet: Wer hat die Informationshoheit?

Unsere Gesellschaft


Wir leben in einer Gesellschaft, die durch und durch digitalisiert ist.
Unsere Identitäten sind digital. Wir definieren uns darin, welche Spuren wir hinterlassen, wem wir vertrauen, was wir sagen, was wir tun.
Unsere Kultur wird digital, Blogs, Tweets, Homepages, Bilder, Bücher, Texte, Videos.
Unser Sozialleben ist digital, Wir verabreden uns, teilen unsere Gefühle, Gedanken.
Unsere Arbeit wird digital, wir bewerten und werden bewertet.
Unser Spuren werden digital, wo waren wir, was kauften wir.

Das Digitale hat die Eigenschaft beliebig kopiert zu werden.
Man kann es ändern, ohne Spuren zu hinterlassen. Und es ist billig, unfassbar billig.

Machtfrage


Das Wissen, die Informationen und die Möglichkeiten zur Steuerung bedeuten Macht.

Wer Informationen streuen kann, Datenflüsse beeinflussen, wer Wissen fälschen kann, wer prognostizieren kann, wie sich bestimmte Gruppen verhalten¹  und wer den einzelnen Menschen unter Druck setzen² kann hat alle Mittel in der Hand diese Gesellschaft zu steuern.

Die Piraten haben instinktiv (mE. unbewußt), diese Macht in Frage gestellt.

Sie setzten sich von Anfang an für den freien Zugang zu Wissen ein, sie nutzten das Internet um sich zu informieren und andere zu informieren. Die Piraten erkannten im Ansatz das Potential der sich immer höher schraubenden Überwachungsphantasien und entlarvten die vorgeschobenen Gründe für eine Regulierung des Internet. Sie stellten die Spielregeln in Frage und wurden daher gefährlich.

Ich weiß nicht, warum uns allen dieser Punkt der Machtfrage nicht so bewußt geworden ist, warum er mir erst jetzt, kurz vor dem außerordentlichen Parteitag, so klar scheint. Ich kann auch nicht sagen, wann wir begonnen haben, uns selbst ins Abseits zu stellen (und erst recht nicht, warum?).

¹ Precrime, INDECT
² Vorratsdatenspeicherung

Die Piraten sind kaputt? Und nun?



Wenn mit dem kommenden Parteitag von den Piraten nur ein Häuflein Asche bleibt, brennt dann die Lunte weiter?

Die Piratenpartei und ihre Anhänger wurden in den vergangenen Jahren immer wieder kriminalisiert. Zuerst als Piraten (Raubmordkopierer), dann als Verteidiger von Kinderfickern, als Rowdys, als wasweißichnichtalles.

Sie haben sich von all dem nicht beirren lassen, sie haben, wie ich, daran geglaubt, daß man als neue Partei was bewegen könne, daß man die Gesellschaft zu einer besseren machen könne.

Wenn all diese Menschen, die daran glaubten, durch ihr bis an die Selbstaufopferung grenzendes Engagement, dieses Land ändern zu können, wenn all diese Menschen mit dem kommenden Parteitag feststellen, dieser Weg hat nicht funktioniert. Was dann?

Noch schlimmer, wenn all diese Menschen sich jetzt am Ende die Frage stellen, warum war mir Thema XXXX wichtiger als die Frage der Macht im Informationszeitalter? Was macht das mit diesen Menschen?

Und noch schlimmer, wenn diejenigen, die früher die Piraten gefürchtet haben, nun deren Ende sehen, welche Grenzen werden fallen?

An diesem Punkt möchte ich nicht weiterdenken, die Konsequenzen sind unabsehbar. Für Dich, für mich, für jeden.

Freitag, 6. Juni 2014

Von Einer die auszog, das Fürchten zu lehren… :)

Meine Fragen an Piratenlily, die in Leipzig für die Piratenpartei in den neuen Stadtrat eingezogen ist.


Hi Lily! Erst einmal Gratulation zu Deiner Wahl in den Leipziger Stadtrat!  

Ute Elisabeth Gabelmann
aka Piratenlily
Woah, danke :-) So richtig ist es bei mir noch nicht angekommen, aber Stück für Stück sackt es so. Immer, wenn mir zwischendurch einfällt "Hey, du bist jetzt Stadtrat", freu ich mich richtig. Aber präsent ist die Tatsache noch nicht wirklich. Ich werde aufpassen müssen, die ersten paar Male nicht mit Kulleraugen auf meinem Ratssessel zu sitzen.

Kannst Du den Lesern bitte verraten, was Du seit letzten Sonntag so gemacht hast? 

Der ursprüngliche Plan sah vor, alles langsam abzuarbeiten, was durch Wahlkampf liegengeblieben ist. Den konnte ich dann aber schnell knicken. Seitdem versuche ich, die Zahl der Mails im Posteingang unter 100 zu halten, mit den Menschen, auf deren Einschätzung ich Wert lege, über die aktuelle Situation zu sprechen, Anrufe und Anfragen aller Art zu beantworten, nebenbei wenigstens ein paar saubere Teller in den Schrank zu kriegen, mich dem Katerchen wieder vertraut zu machen und ganz allgemein den Kopf über Wasser zu halten. Wenn bei so einer relativ "kleinen" Wahl schon so viele Dinge passieren, muß sich eine wirklich entscheidende Wahl wie z.B. die zum Bundestag für den einzelnen künftigen Abgeordneten wie ein Erdrutsch anfühlen.

Ansonsten fühl ich mich ein bißchen wie in der Sesamstraße nach dem Motto "Wer nicht fragt bleibt dumm", nur daß halt für designierte Stadträte niemand den Erklärbär gibt. Sicher sind Vertreter anderer Parteien immer schnell und hilfreich zur Stelle, aber man darf vermuten, daß nicht jeder davon es gut mit uns meint.

Zurückblickend auf die letzten Wochen, wie hast Du den Wahlkampf wahrgenommen? Was lief gut, was wäre verbesserungsfähig?  

Der Wahlkampf war schlicht einfach irre - im besten wie im schlechtesten Sinne. Gut lief zum Beispiel, daß bei Aktionen ziemlich viele Leute parat standen und zum großen Teil sogar noch spontan rüberkamen. Auch sind wir Meister im Schlußspurt, wie man zum Beispiel beim Unterschriftensammeln gesehen hat.
Bei nächsten Mal besser laufen muß unbedingt die Kommunikationsdisziplin. Es muß eine Anlaufstelle geben, die auch jeder nutzt, so schwer ihm das persönlich vielleicht fällt. Sonst zerfasert alles, der Überblick fehlt und dann haben alle verständlicherweise auch keine Lust mehr, sich das aus verschiedensten Quellen zusammenzusuchen. Außerdem plädiere ich für eine Art Selbstverpflichtung oder Ehrenkodex, den sich die Kandidaten für die Zeit des Wahlkampfs geben.

Wir sind ja jetzt nicht in Fraktionsstärke ins Rathaus eingezogen. Kannst Du schon sagen, ob Du Dich einer Fraktion anschliessen wirst und welche Gründe für Deine Entscheidung zugrunde liegen?  

Ich kann sagen, daß es mit Ausnahme zweier künftiger Fraktionen Anfragen aller Seiten gab, von denen das halbwegs zu erwarten war. Ganz allgemein ist es wohl nach den mir bisher vorliegenden Informationen so, daß man ohne Fraktion auch direkt verloren hat und nicht richtig mitspielen darf. Das ist eine Sache, die definitiv gerändert gehört, mit der ich mich aber aktuell abfinden muß, obwohl es mich wurmt.

Welche Hilfe erwartest Du von uns Mitgliedern? 

Ich erwarte, daß jeder sich darüber klar wird, was er leisten will und kann und ob die Partei für ihn eine Freizeitorganisation ist oder eine ernstzunehmende Betätigung. Ich arbeite lieber mit wenigen Engagierten als mit vielen, die aber im entscheidenden Moment gerade keine Motivation finden. Ich erwarte, daß jeder sich eine Liste der Themengebiete macht, in denen er Expertise hat und eine mit denen, die ihn interessieren (beides muß ja nicht zwingend übereinstimmen) und dann mit diesen Listen genau überlegt, welche Funktionen er hier innerhalb der kommunalpolitischen Arbeit übernehmen könne.
Unter anderem zu dieser Frage wird es zeitnah ein kommunalpolitisches Plenum geben.

Wie sehen Deine nächsten Tage aus? 

Ich habe mir ein grobes Konzept überlegt, was jetzt alles passieren muß und werde den Vorstand bitten, mich darin zu unterstützen. Parallel werde ich die Kontaktanfragen beantworten und einfach mal reinhören, was die Menschen so von mir bzw. uns wollen. Außerdem muß ich mir Basiswissen "Stadtrat" aneignen und werde dazu unter anderem auch zu anderen Kommunalpiraten Kontakt halten.


Ich danke für das kurze Interview und hoffe, daß Du rocken wirst. :) 

Well, I'll do my very best, Miss Sophie!